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Deutsch-amerikanische Freundschaft

Volker Mayer-Lay

 

In dieser Woche hat das amerikanische Volk nicht nur über eine nationale Frage entschieden. Denn die Entscheidung, ob Kamala Harris oder Donald Trump ins Weiße Haus einzieht, ist auch globalpolitisch wegweisend. Auf meiner Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) durfte ich Eindrücke aus Wisconsin sammeln und prüfen, ob es Unstimmigkeiten gab. Unsere Eindrücke waren positiv: Abgesehen von kleineren technischen Problemen war der Ablauf der Wahl fair.
 
Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hat erneut Donald Trump zum Präsidenten gewählt. Gratulation. Ich möchte in der Woche der Wahl nicht über Sorgen oder Zukunftsängste sprechen, wie das jetzt viele tun, sondern über Hoffnungen. Die vielen Begegnungen und Gespräche in den Vereinigten Staaten mit ganz normalen Menschen haben mir gezeigt: Die Verbindung zwischen den USA und Deutschland wird sehr hoch geschätzt. Wo immer ich auch hin kam, wurde über die deutsch-amerikanische Freundschaft gesprochen. Der Empfang war stets herzlich. "Wir müssen Seite an Seite stehen", hieß es. Und dies von Menschen aus beiden politischen Lagern.
 
Ja, Deutschland und Europa werden sich unter einer Präsidentschaft von Trump mehr anstrengen müssen, um die transatlantischen Beziehungen in einer guten Verfassung zu halten. Aber wir kennen das ja bereits aus der ersten Amtszeit des Republikaners. Wichtig wird es sein, dass auch eine deutsche Bundesregierung hier mit Klarheit, starker Stimme aber auch mit Verlässlichkeit auftritt. Also nicht so, wie die derzeitige Bundesregierung.

Die Zeit, als sich Deutschland hinter dem großen Amerika verstecken konnte und sicherheitspolitische Interessen eher zweit- bis drittrangig behandeln konnte, ist schon länger vorbei. Das wäre auch unter einer Präsidentschaft von Kamala Harris nicht anders gewesen. Jetzt ist es aber deutlicher spürbar.
Selbst wenn die USA wieder mehr auf sich selbst und geopolitisch auf den pazifischen Raum blicken, bedeutet das keinen Bruch zwischen uns. Es bedeutet nur, dass wir mehr Verantwortung übernehmen müssen. Die USA wollen starke Partner an ihrer Seite. In dieser gefährlichen Welt ist dies auch durchaus verständlich. Es war für uns natürlich angenehm, im Windschatten des Sicherheitsgaranten Amerika zu wirtschaftlicher Stärke und zum Sozialstaat aufzuwachsen. De facto muss das aber alleine bzw. gemeinsam mit den europäischen Partnern ebenfalls möglich sein. Die Frage wird deshalb sein, wie auch wir Europäer mit dem Wahlergebnis umgehen, um die transatlantischen Beziehungen nicht abkühlen zu lassen. Lamentieren hilft nichts. Ärmel hochkrempeln und anpacken!