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NATO: Deutschland muss sich stärker engagieren

Roderich Kiesewetter

Unsere Forderung ist klar, die Ukraine muss in Vilnius in die NATO eingeladen werden und eine klare Perspektive zum Beitritt erhalten. Dabei erwarten wir von der Bundesregierung eine klare und eindeutige Positionierung sowie die Übernahme von Führungsverantwortung in der Überzeugung unschlüssiger NATO-Partner. Die Bundesregierung muss auch klar und deutlich die eigenen Ziele erläutern und der Bevölkerung verdeutlichen, dass ein rascher Beitritt der Ukraine, sobald die Sicherheitsbedingungen es zulassen, einen Mehrgewinn an Sicherheit für Deutschland und Europa bedeutet und somit unseren eigenen Interessen dient. Dies ist bislang leider nicht erfolgt. Weder werden klare Ziele benannt, noch übernimmt Deutschland Führungsverantwortung. Für uns muss klar sein, dass nur ein NATO-Beitritt glaubwürdige Sicherheitsgarantien für die Ukraine durch die nukleare Schutzkomponente und die Beistandsverpflichtung bringt. Notwendig ist zudem – auf dem Weg in die NATO – bei der Unterstützung der Ukraine nicht nachzulassen, sondern sich an einer signifikanten Zunahme an Lieferungen von Material und jedweder erforderlichen Munition zu beteiligen.

Die Bundesregierung hat in Vilnius die Chance, Vertrauen und Zuverlässigkeit Deutschlands im Bündnis zu verbessern. Denn Deutschland ist als stabile Demokratie grundsätzlich zwar ein guter Partner, der hinter den gemeinsamen Werten steht und wirtschaftlich einen starken Beitrag leistet. Allerdings ist Deutschland seit vielen Jahren nur noch Sicherheitsempfänger und kein zuverlässiger Partner mehr. Seit 2014 hat Deutschland durch Fehlentscheidungen in der Russlandpolitik und die Blockade und Verzögerung der Ukraine-Unterstützung massiv an Vertrauen und Reputation in den USA und besonders in Mittel- und Osteuropa verloren. Viele wissen mangels klarer Kommunikation und fehlender Benennung von Interessen nicht mehr wofür Deutschland im Bündnis steht. Anstatt Anwalt osteuropäischer Staaten zu sein und Führung zu übernehmen, muss man zunehmend eine deutsche Hybris feststellen. Denn es werden Zusagen zu Bündnispflichten und Versprechen gegenüber Bündnispartnern abgegeben, die Deutschland nicht einhält oder kurze Zeit später im Lichte der Realität zurücknimmt oder abschwächt. Deutschland hält sich z.B. seit geraumer Zeit nicht an die 2-Prozent-Verpflichtung der NATO, die dauerhafte Stationierung einer Brigade in Litauen wurde zwischenzeitlich wieder zurückgenommen, ehe Verteidigungsminister Pistorius überraschend wieder einen noch größeren Beitrag zusicherte. Die dauerhafte Zurverfügungstellung von 30.000 Bundeswehr-Soldaten ab 2025 für die Nato inklusive materieller Vollausstattung wird von der militärischen Führung als unrealistisch und nicht machbar erklärt, die Bundeswehr könne „Verpflichtungen gegenüber der NATO nur eingeschränkt wahrnehmen“.

Damit Deutschland wieder zuverlässiger Partner wird, sollte sich der Bundeskanzler klar für eine rasche Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO - sobald die Sicherheitsbedingungen es zulassen – einsetzen und bei der militärischen Unterstützung keine roten Linien mehr ziehen. Zudem sollte künftig 2 Prozent des BIP als Untergrenze gelten und diese noch im Haushalt 2024 ohne Tricks erfüllt werden, die Rüstungsindustrie endlich angekurbelt und sich klar zur gemeinsamen Strategie gegenüber China bekannt werden. Zuletzt fordern wir, dass Deutschland endlich seiner selbst geforderten Führungsrolle nachkommt und glaubwürdige Lastenteilung leistet sowie die NATO-Vorgaben endlich wieder erfüllt. Dies und weiteres haben wir in unserem Antrag zum NATO-Gipfel in Vilnius verdeutlicht.

 

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