Roderich Kiesewetter
Bei meiner Rede zum Haushaltsplan des Auswärtigen Amtes habe ich deutlich gemacht, dass die vom Bundeskanzler ausgerufene Zeitenwende bei unseren
mittel-und osteuropäischen Freunden seit 2007 angekommen ist: 2007 mit dem Cyberangriff auf Estland, 2008 mit dem militärischen Angriff auf Georgien,
2014 durch die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und dem Krieg in der Ostukraine. Auch Deutschland versuchte mit der Rede von Bundespräsident a.D.
Gauck bei der MSC 2014 eine Wende. Deutschland solle früher, substantieller und entschiedener agieren. Indes, die Wende blieb aus. Die Rede des Bundeskanzlers am 27. Februar zur Zeitenwende war
zwar beeindruckend, aber die Umsetzung ist es bisher nicht.
Vielmehr ist Europa seit 2007 zum Testfeld geworden: hybride Kriegsführung, imperialer Krieg und eine systemische Auseinandersetzung mit Russland und
künftig vermehrt auch mit und durch China. Der Bundeskanzler muss begreifen, dass man Führung nicht nur einfach proklamieren kann, sondern praktisch umsetzen muss. Deutschland muss seine
Scharnierfunktion in Europa ausfüllen. Das tut es bislang nicht. Dafür muss die sog. Zeitenwende in praktisches Handeln umgesetzt werden. Geld alleine reicht nicht, auch wenn wir dem Haushalt des
AA zustimmen können, und hier richtige Signale gesetzt werden. Wir müssen alles dafür tun, daß die Ukraine diesen Krieg "gewinnt".
Für die Umsetzung der Zeitenwende in ein politisches Programm, in aktives Handeln, müssen wir uns unbequemen Wahrheiten stellen:
1. Iran: Das Iranische Regime will kein Nuklearabkommen, deshalb bringt es nichts am JCPOA festzuhalten. Viel wichtiger ist es, die iranische Zivilgesellschaft zu unterstützen, einen
Regimewechsel aus eigener Kraft zu erreichen. Deshalb muss die Zivilgesellschaft gestärkt werden.
2. China: Das Auswärtige Amt hat mit 5 weiteren Ministerien sich sehr klar gegen die Beteiligung des chinesischen Konzerns am Terminal des
Hamburger Hafens ausgesprochen. Der COSCO-Deal des Bundeskanzlers ist ein Fehler & stößt unsere europäischen Partner vor den Kopf. In den
italienischen Hafen Triest kommt nun China durch die Hintertür, obwohl Italien genau das vor zwei Jahren verhindern wollte und stattdessen an den
Hamburger Hafen verkaufte. Hier erwarten wie mehr Mut von der Außenministerin sich gegen die Irrwege des Bundeskanzlers durchzusetzen!
3. Ukraine: Wenn wir die regelbasierte Ordnung stärken wollen, muss die Ukraine "gewinnen". Dafür muss Deutschland alle militärische und humanitäre
Unterstützung liefern, die die Ukraine benötigt. Damit Gelände befreit und gehalten wird und die ukrainischen Soldaten geschützt sind. Deutschland kann
Schützenpanzer Marder und Kampfpanzer Leopard liefern. Das ist unsere Verantwortung! Wer jetzt für einen Waffenstillstand wirbt, befördert damit,
daß Russland sich erholen kann und den Vernichtungskrieg anschließend fortsetzt.
Die Außenministerin sagt richtig, wir brauchen Diplomatie und Härte. Wir fordern deshalb mehr Mut, das auch durchzusetzen gegenüber dem zögernden
Bundeskanzler. Nur so bleibt die Zeitenwende nicht nur ein Schlagwort,sondern wird zu unserem eigenen Wohle umgesetzt!