Markus Grübel MdB >> Diese Woche fand im Bundestag der erste Interfraktionelle Gesprächskreis Hospiz (IFG) im Videokonferenz-Format statt. Unter den rund 70 Teilnehmern
waren neben Bundestagsabgeordneten auch Ärzte und Verbandsvertreter aus dem Bereich Hospiz- und Palliativmedizin sowie Vertreter von Caritas, Diakonie und Kirchen. Unter anderem wurde über die
notwendige Neuregelung des §217 StGB (assistierter Suizid) diskutiert. Ziemlich genau vor einem Jahr hat das Bundesverfassungsgericht den § 217 StGB, der die geschäftsmäßige Förderung der
Selbsttötung unter Strafe stellte, für verfassungswidrig erklärt. Die Karlsruher Richter betonten das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben, und zwar unabhängig von Alter oder Krankheit. Das
schließe auch die Freiheit ein, Hilfe beim Suizid in Anspruch zu nehmen. Diese richterlich theoretische und vor allem undifferenzierte Sicht auf die Sterbehilfe kritisieren viele Ärzte und
Fachleute, die täglich mit Nachfragen nach Sterbehilfe konfrontiert werden. In einem Impulsvortrag beleuchtete Professor Dr. Raymond Voltz, Direktor des Zentrums für Palliativmedizin am
Universitätsklinikum Köln, das Thema Sterbewünsche von Patienten und assistierter Suizid daher aus ärztlicher und alltagspraktischer Sicht. Nach Voltz ist es jetzt Aufgabe des Gesetzgebers, die
Waage zwischen „Fürsorge“ und „Autonomie“, zwischen „Suizidprävention“ und „Suizidassistenz“ ins Gleichgewicht zu bringen, wobei die erste Wahl immer Suizidprävention sein sollte. Daher halten
Ärzte, Fachleute und Verbandsvertreter aus dem hospizlichen und palliativmedizinischen Bereich die Schaffung einer staatlichen Suizidpräventionsstrategie für absolut notwendig. Weiterhin brauche
die Neuregelung eine vorgeschaltete ausführliche parlamentarische Debatte, wie sie es schon 2015, als das Sterbehilfeverbot eingeführt wurde, gegeben habe.
Markus Grübel MdB (Wahlkreis Esslingen) hat zu diesem IFG eingeladen und äußerte zu Beginn seine Meinung zum Thema: „Für mich hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil die Grenzen der
richterlichen Rechtsfortbildung überschritten, weil es damit den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers übergangen hat. Mag sein, dass das Gericht zwar immer Letztinterpret ist, aber dennoch
nicht Alleininterpret. Vor allem wenn es um den Autonomiebegriff geht. Das Gericht betont die Selbstbestimmung, ohne sich damit im Detail auseinanderzusetzen. Ich frage mich, ob sich der
Autonomiebegriff des Bundesverfassungsgerichts mit dem Autonomieverständnis in unserem Grundgesetz deckt? Ich habe große Sorge, dass die Selbsttötung mit Hilfe Dritter zur Normalität werden
könnte. Uns Abgeordneten ging es 2015 vor allem darum, einigen sehr offensiv werbenden Sterbehilfevereinen Grenzen aufzuerlegen und Beihilfe zur Selbsttötung als Geschäftsmodell zu verbieten.
Diesen Organisationen hat das Urteil wieder Tür und Tor geöffnet. Unabhängig der neuen Situation sehe ich als Christ und als Parlamentarier es immer noch als elementarste Aufgabe an, das Leben
bis zum Ende zu schützen. Wir müssen Menschen mit psychischen Problemen Hilfe zur Selbsthilfe leisten und Patienten in Hospizen und Palliativstationen im Sterben begleiten. Wir müssen Ihnen durch
eine gute Schmerztherapie die Angst nehmen, aber nicht den Sterbezeitpunkt mitbestimmen. Hier ist es unsere Aufgabe als Gesetzgeber die Hospiz- und Palliativarbeit finanziell gut
ausstatten”.
Einsicht in das Ergebnisprotokoll des IFG vom 01.03.2021 und den Vortrag von Professor Dr. Raymond Voltz erhalten Sie auf Nachfrage im Büro von Markus Grübel MdB.